Die Begegnung mit Michael

Michael selbst atmet in und durch uns, und die gesamte menschliche Erfahrung dieses ätherischen Atmens ist Ausdruck eines einzelnen, individualisierten Pulses und Schlages seines unendlichen kosmischen Atmens und Herzschlages.

»Diesen neuen Yoga-Willen, den müssen wir entwickeln.«

Die drei Begegnungen 
Christus, Michael und Anthroposophia

Ein Auftakt zur Neuauflage von Die neue Erfahrung des Übersinnlichen

Ausschnitte aus dem 5. Kapitel: Die Begegnung mit Michael

Nun findet Michael im ätherischen menschlichen Herzen, im einwohnenden »Ich« des Christus seine Wohnstätte, und durch seine Anwesenheit ist seine kosmische Mutter Sophia gegenwärtig; und das einwohnende Wesen Michaels vereinigt sich in unserem Herzen mit dem einwohnenden Wesen Christi. Himmlisch-irdische Erfüllung und Freude werden erlebt, wenn diese Begegnung anhebt, um ganz gewöhnliche irdische Worte zu benutzen, denn Michael und Christus waren voneinander getrennt, nachdem der Christus die Sonne vor dem Mysterium von Golgatha verlassen hat. Christus hat seit Golgatha auf der Erde gelebt, und Michael blieb bis zum Ende des 19. Jahrhunderts weiter in der Sonne, bis er seinen Abstieg zur Erde begann, um seine Aufgabe in seinem neuen Zeitalter zu erfüllen. Wenn Menschen dem ätherischen Christus begegnen und das Christus-»Ich« durch das Licht der modernen Grals- und Geisteswissenschaft in ihr Herz aufnehmen, laden sie Michael ein, ebenfalls in den Sonnenkräften ihres Herzens zu wohnen, und die beiden kosmischen Sonnenwesen treffen sich – auf der Erde – zum ersten Mal seit ihrer Trennung wieder.

Wir entdeckten in den fortgeschritteneren Stadien des Michaelischen Yoga, wie in „Michaelisches Yoga“ beschrieben, dass wir, wenn wir auf diese Weise durch den Wesenstausch zwischen spiritualisiertem Denken und imaginativer Wahrnehmung geistig, erkennend und rhythmisch atmen, tatsächlich mit Michael atmen. Mehr noch, wir entdecken, dass es Michael selbst ist, der in und durch uns atmet, und dass die gesamte menschliche Erfahrung dieses ätherischen Atmens Ausdruck eines einzelnen, individualisierten Pulses und Schlages seines unendlichen kosmischen Atmens und Herzschlages ist.

In der Tat beginnt man Michael als den Geist zu erleben, der den ätherischen Atem Christi durch den Kosmos trägt, als Ausdruck seines eigenen geistigen Atmens; man fühlt, dass Michaels lebens- und lichtstrahlender Sonnenleib, die Quelle seines geistigen Atmens, die makrokosmische Quelle und Aktivität ist, die durch unser mikrokosmisches ätherisches Atmen im Michaelischen Yoga atmet und pulsiert. Das von Rudolf Steiner 1919–20 gegebene Michaelische Yoga, kommt hier zu seinem vollen Ausdruck. Rudolf Steiners feurig-michaelischer Ausruf: »Diesen neuen Jogawillen, den müssen wir entwickeln.« nimmt nun eine ganz neue und konkrete Bedeutung an.

Wir erkennen darüber hinaus, dass die Substanz und der Rhythmus der ätherischen Atmungstätigkeit Michaels einem ständigen ätherischen Wesenstausch mit dem kosmischen Leben des ätherischen Christus entspringen; was oben als das ätherische Atmen zwischen der imaginativen Wahrnehmung des ätherischen Christus und unserem spiritualisierten Denken beschrieben wurde, erscheint hier in seinem makrokosmischen Licht und seiner makrokosmischen Bedeutung. Es tritt in Erscheinung als Michaels kosmisches ätherisches Atmen und sein kosmischer pulsierender Herzschlag, die uns zeigen, wie er als ein Botschafter Christi seine erhabenen kosmischen Imaginationen zur Menschheit auf der Erde herabströmen lässt. Wir entdecken, dass es Michaels kosmischer Yoga-Wille ist, der durch sein uns durchströmendes Atmen pulsiert und uns in unserem Ätherleib den Wesenstausch zwischen dem menschlichen Ätherleib und dem Ätherleib des Christus und zwischen Christi »Ich« und dem menschlichen »Ich« verwirklichen lässt. Dann erkennen wir, dass Michael – ohne dass wir uns dieser Tatsache bewusst waren – vom ersten Augenblick an, in dem wir begonnen haben, das intuitive Denken der Philosophie der Freiheit als eine Grundlage des Michaelischen Yoga und des Erkenntnisdramas zu vergeistigen, aktiv an jeder einzelnen Wendung und Phase dieses Prozesses beteiligt war; aber wir konnten seine durch unsere Aktivität hindurch wirkende, sie durch und durch verlebendigende und anregende kosmische Gegenwart und Aktivität noch nicht spüren und sehen.

Jetzt erkennen wir, dass die menschliche Verwirklichung des Michaelischen Yoga die mikrokosmische Verwirklichung seines kosmischen Yoga-Atmens ist, dass unser spirituelles Atmen ein Tropfen oder Samen ist, der sein strahlendes, rhythmisch pulsierendes, lebenspendendes Sonnenlicht enthält. Dies wird zu einer echten Erfahrung. Es wird zur herzinnigst erlebten Quelle kosmisch-menschlicher Intimität, wo ein heiliger Ort der Begegnung zwischen einem Gott und dem einwohnenden Christus-»Ich« geweiht wird.

Seit dem Beginn des Erkenntnisdramas der Wiederkunft haben wir Michaels Kräfte benutzt und ihre wahre kosmische Quelle nicht bemerkt. Doch je weiter die Aufnahme und Individualisierung des Christus-»Ich« fortschreitet, desto mehr leuchtet diese Quelle im imaginativen Bewusstsein auf, und wir fühlen uns veranlasst, zu uns selbst zu sagen: Jetzt nehmen wir bewusst Anteil an Michaels kosmischem Yoga-Willen, seiner spirituellen Aktivität und seinem spirituellen Bewusstsein, denn er ist das Wesen, das sich in Wahrheit in all unser vergeistigtes Denken, Wahrnehmen, Fühlen und Wollen eingliedert und verkörpert, das seine geistigen Atemrhythmen behutsam in unsere ätherische Atmung einfließen und sie gestalten lässt und mit seinem kosmischen Herzschlag den menschlichen Herzschlag impulsiert, wenn wir seinen kosmischen Yoga-Willen umsetzen.

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Wir erleben die innige Verbindung, die Menschen in unserer Zeit mit Michael eingehen können, wenn sie ihre Seelenkräfte durch die Vergeistigung des Denkens spiritualisieren. »Michael ist das aktive Wesen, dasjenige Wesen, das gewissermaßen unseren Atem, unsere Adern, unsere Nerven durchpulst, auf daß wir unser Menschheitliches im kosmischen Zusammenhang erarbeiten, aktiv erwerben.« Dieses »Pulsieren durch unseren Atem, unsere Adern und Nerven« ist keine Metapher, sondern geistige Realität in der ätherischen Welt und im ätherischen Leib. Wir nehmen teil an Michaels eigenem Pulsieren und Atmen, wenn wir sie in unserem vergeistigten Atem, unseren Nerven und Adern erleben. Jetzt tritt die wahre spirituelle Realität ans Licht, welche die Praxis des Michaelischen Yoga durch Die Philosophie der Freiheit belebt und inspiriert. »Das ist es, was gewissermaßen als eine Aufforderung des Michael vor uns steht, daß wir bis in unsere Gedanken hinein aktiv werden, so daß wir uns unsere Weltanschauung durch innerliche Aktivität als Menschen erarbeiten.«

Auf diese Weise ermöglichen wir es Michael, seine kosmische Mission als Vermittler zwischen der Menschheit, dem Christus, der kosmischen Sophia und den Hierarchien zu erfüllen, die er als seine Hauptaufgabe in der heutigen Zeit ansieht. Wir spüren, wie seine starke, bejahende Befriedigung durch die ätherischen Kräfte unseres Denkens und Wahrnehmens, unseres Atmens und unseres Blutkreislaufs pulsiert. Dabei vereinen wir uns bewusst mit dem Gefühl der Erfüllung, das er bei der Ausführung seiner Mission hat, denn »Soll Michael die rechte Botschaft zurückbringen an die Götterwelt, so wird er sagen müssen: Die Menschen haben während meines Zeitalters das, was sie abseits von der göttlich-geistigen Welt an reinen Raumesurteilen ausgebildet haben, in ein Übersinnliches heraufgehoben, und wir können die Menschen wiederum annehmen, denn sie haben ihr Denken, ihr Vorstellen mit unserem Denken, unserem Vorstellen verbunden.« [Vortrag vom 17.12.1922, GA 219, Dornach 1994, S. 100ff. Meine Hervorhebungen.] Dieses intime Begegnen mit Michael wurde Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts möglich. »Vorher konnte der Mensch nur fühlen, wie aus seinem Wesen heraus die Gedanken sich formten; von dem angedeuteten Zeitabschnitt an kann er sich über sein Wesen erheben; er kann den Sinn ins Geistige lenken; da tritt ihm Michael entgegen, und der erweist sich als altverwandt mit allem Gedankenweben.« [Anthroposophische Leitsätze, »Im Anbruch des Michael-Zeitalters«, GA 26, Dornach 1998, S. 62. Meine Hervorhebungen. Die Zeit, auf die sich Rudolf Steiner bezieht, ist das Ende des 19. Jahrhunderts, aber bis zum Ende des 20. Jahrhunderts blieb er mit dieser Erfahrung allein.]

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Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts und zunehmend mit jedem Jahr und jedem Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wird »mehr als irgendein anderer Kampf … dieser Kampf in das menschliche Herz gelegt.« Was Rudolf Steiner über das Ende des 19. Jahrhunderts sagte und für das 20. Jahrhundert erhoffte, muss ein Jahrhundert später neu formuliert und auf den neuesten Stand gebracht werden. »Da drinnen ist der Kampf verankert, verankert seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. Entscheidend muß dasjenige werden, was Menschenherzen mit dieser Michael-Angelegenheit in der ätherischen Welt im Laufe des 20. Jahrhunderts getan haben«, während auf der Erde das Schlimmste eintrat. »Nach dem Ende dieses 20. Jahrhunderts, wenn das erste Jahrhundert nach dem Ende des Kali Yuga verflossen sein wird und die Menschheit in das Grab aller Zivilisation gefallen ist« – diese Tatsache wurde in aktuellen geistigen Forschungen gut belegt – »werden die Seelen, die an diesem Kampf in der ätherischen Welt im 20. Jahrhundert teilgenommen haben, auf der Erde für die Auferstehung der Menschheit aus diesem Grab aller Zivilisation arbeiten.« Erst dann wird sich unter den völlig veränderten Bedingungen nach der apokalyptischen Menschendämmerung die Hoffnung Rudolf Steiners erfüllen, dass »am Anfange desjenigen Zeitalters [im 21. Jahrhundert], wenn die Seelen der Menschen, die in ihrem Herzen Intelligenz mit Spiritualität verbinden, der Michael-Kampf zugunsten des Michael-Impulses ausgefochten wird.«[Vortrag vom 19.7.1924, GA 240, Dornach 1992, S. 183.]

Nun findet Michael im ätherischen menschlichen Herzen, im einwohnenden »Ich« des Christus seine Wohnstätte, und durch seine Anwesenheit ist seine kosmische Mutter Sophia gegenwärtig; und das einwohnende Wesen Michaels vereinigt sich in unserem Herzen mit dem einwohnenden Wesen Christi. Himmlisch-irdische Erfüllung und Freude werden erlebt, wenn diese Begegnung anhebt, um ganz gewöhnliche irdische Worte zu benutzen, denn Michael und Christus waren voneinander getrennt, nachdem der Christus die Sonne vor dem Mysterium von Golgatha verlassen hat. Christus hat seit Golgatha auf der Erde gelebt, und Michael blieb bis zum Ende des 19. Jahrhunderts weiter in der Sonne, bis er seinen Abstieg zur Erde begann, um seine Aufgabe in seinem neuen Zeitalter zu erfüllen. Wenn Menschen dem ätherischen Christus begegnen und das Christus-»Ich« durch das Licht der modernen Grals- und Geisteswissenschaft in ihr Herz aufnehmen, laden sie Michael ein, ebenfalls in den Sonnenkräften ihres Herzens zu wohnen, und die beiden kosmischen Sonnenwesen treffen sich – auf der Erde – zum ersten Mal seit ihrer Trennung wieder.